Wunsch-Kaiserschnitt (Sectio caesarea) oder Spontangeburt, was ist besser?

  09. Juli 2021

In der Schwangerschaft kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo sich jede Frau Gedanken über die Geburt macht. Viele Frauen überlegen sich dann, wie sie sich die Geburt vorstellen und vielleicht, ob nicht doch ein Kaiserschnitt «besser» wäre.

Der Kaiserschnitt (die Sectio) ist die weltweit häufigste Operation bei Frauen und die Rate nimmt weiterhin ständig zu.

Die Kaiserschnittrate liegt bei uns schweizweit bei ca. 32%, das sind natürlich nicht nur sogenannte Wunschkaiserschnitte, sondern auch Spontangeburten, die im Kaiserschnitt enden. In anderen Ländern, wie z.B. Brasilien ist die Rate wesentlich höher, dort werden 55% der Kinder durch Kaiserschnitt geboren, in Privatkliniken dort sogar mehr als 80%.

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für Spontangeburt oder Sectio (Pflichtleistung).

Es gibt erstaunlich wenig Studiendaten, die wirklich zeigen, ob eine Spontangeburt oder eine Sectio sicherer für Mutter und/oder Kind sind.

Natürlich gibt es medizinische Indikationen, wo die Ärzt*in einen Kaiserschnitt empfiehlt, z.B. bei geburtsunmöglichen Kindslagen (z.B., wenn das Baby quer liegt, eventuell bei Beckenendlage), bei Mehrlingsschwangerschaften (nach genauen Kriterien), bei 2 oder mehr vorhergehenden Kaiserschnitten und bei Störungen der Placenta.

Dann kann es auch in Notfallsituationen, wenn eine Spontangeburt zu lange dauern würde (schlechte Herztöne, Präeklampsie/Schwangerschaftsvergiftung, Uterusruptur, vorzeitige Placentalösung u.a.) nötig sein, die Geburt per Kaiserschnitt zu beenden. Ein Kaiserschnitt kann auch notwendig sein, wenn es während der Spontangeburt zu einem Geburtsstillstand kommt.

Es gibt natürlich noch weitere Gründe für eine Sectio, z.B., die Angst vor einer Spontangeburt oder bereits eine traumatisch erlebte Spontangeburt und viele mehr.

Für das Kind sind Sectio und Spontangeburt beide sicher.

Bei ca.1% der Kinder, die bei 38+0SSW und Wunschsectio auf die Welt kommen, kann es zu einem Atemnotsyndrom mit anschliessendem Aufenthalt auf der Neonatologie kommen (Greene.2009, Ehrental.2011). Ein Atemnotsyndrom ist aber auch bei einer Spontangeburt möglich und meist nicht vorhersehbar.

Das Risiko einer Schnittverletzung des Babys beim Kaiserschnitt liegt bei ca. 2%.

Durch Studien nicht eindeutig bestätigt, aber möglich ist ein verbessertes kindliches Immunsystem durch Kontakt mit der mütterlichen Vaginalflora (Mikrobiom).

Für die Mutter ist bei der Spontangeburt die Aufenthaltsdauer im Spital ist meistens kürzer. Sie hat keine allgemeinen Operationsrisiken.

Die Risiken beim Kaiserschnitt entsprechen den allgemeinen Risiken einer Operation, d.h. es kann zu Blutungen kommen, das Infektionsrisiko (Risiko für Wundheilungsstörungen) ist etwas erhöht. Das Thromboserisiko wird durch eine Operation ebenfalls erhöht. Bei jeder Operation besteht auch die Gefahr, dass andere Organe verletzt werden können.

Mit jedem Kaiserschnitt steigt das Risiko einer Placentationsstörung. Eine Placentationsstörung heisst, dass die Placenta bei einer weiteren Schwangerschaft am falschen Ort liegen kann (Placenta prävia, vor dem inneren Muttermund) oder zu tief in die Gebärmutter einwachsen kann (Placenta accreta/increta/percreta). Auch ist bei einer weiteren Schwangerschaft das Risiko etwas erhöht, dass die Narbe an der Gebärmutter reissen kann (Uterusruptur).

Der Beckenboden wird bei einer Spontangeburt mehr belastet als bei einem Kaiserschnitt. Daher sind nach Sectio Urininkontinenz und Beckenbodensenkungen etwas seltener.

Bei einer Spontangeburt kommt es bei ca. 2 von 3 Frauen zu einer Verletzung. Dabei handelt es sich meistens um kleine Risse in der Vagina oder am Damm (Gewebe zwischen Vulva und After), die problemlos heilen. Selten kommt es zu schwereren Verletzungen.

Viele Frauen haben grosse Angst vor den Schmerzen bei einer Spontangeburt. Die Schmerzen können heutzutage aber sehr gut gelindert werden. In den meisten Spitälern wird dabei einem Stufenschema gefolgt und individuell entschieden, welche Methode in welcher Situation empfohlen werden kann. Auch nach der Sectio können die ersten Tage Schmerzen auftreten, die medikamentös behandelt werden.

Die Blutung nach der Geburt (Wochenfluss) ist bei beiden Geburtsarten ungefähr gleich und kann bis zu 6 Wochen dauern.

Auch auf das Stillen hat der Geburtsmodus keinen Einfluss.

Zusammenfassend ist es schwierig, zu beantworten, welcher Geburtsmodus wirklich «besser» ist. Wichtig ist, dass jede Frau die Vor-/Nachteile und Risiken kennt und für sich entscheiden kann. Das führt zu einem guten Geburtserlebnis und sogar zu einer besseren Bindung zum Baby.

Sie können den Geburtsmodus gern mit uns in der Sprechstunde besprechen, ausserdem bieten die Hebammen und Spitäler viele verschiedene Kurse an.

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